Montag, 28. Oktober 2013

Game-Time (Vol.5): BAM!

Pegasus Spiele: BAM!, Sascha Ackermann und Lars Beckmann, 4-10 Verbal-Ferkel

Leicht proletoid aber schwer in Ordnung




Ich fühl mich ja eh schlecht, dass ich das zugeben muss, aber: Dieses Spiel ist sowas von unanständig, flegelhaft, wüst, roh, niveaulos und vor allem lustig, dass es die letzte Tränendrüse trockenlegt.

Nach gutem Sex wünsche ich mir BAM!“ Die Unterhose vom Past? Schweißfüße? Oder doch gut platzierte Landminen? OK, für die, die es mir im Lead-Text noch nicht geglaubt haben: Wer seine Abende hauptsächlich mit dem Genuss von Weimarer Klassik und dem Besuch von Ausstellungen und Museen verbringt, wird tendenziell nicht zur Hauptzielgruppe dieses Spiels gehören – kann also an dieser Stelle ohne Verlustängste das Lesen beenden. Wer gerne – und mitunter auch anständig unanständig – herumblödelt und nicht unbedingt als Moralapostel und gewählter Held der Political Correctness an den Spieltisch angeritten kommt wird allerdings durchaus seinen Spaß haben. Tendenziell sind das wohl Teenager und solche die sich dieser Phase geistig noch verhaftet fühlen. Denn die Altersangabe von 16+ ist weniger der Komplexität des Spiels, als den würzigen verbalen Inhalten geschuldet. Worum geht’s? Der BAM!Master ist der absolutistische Herrscher, der vor einer Runde bestimmt wird. Die Spieler bekommen dann Karten auf denen Sätze mit Textlücken stehen und andere mit möglichen Füllungen für diese Lücken. Wer dabei die kreativsten und lustigsten Sätze (in den meisten Fällen einfach die schmutzigsten) konstruiert wird vom BAM!Master geehrt – denn nur er allein entscheidet, welcher Satz der beste ist. Nach jeder Runde wird der BAM!Master gewechselt, damit sich alle austoben können. So vergehen die rund 20-40 Spielminuten recht kurzweilig mit viel Gekicher. Nettes Detail: Auf einigen schönen Blanko-Karten kann man auch noch eigene Fill-In-Kreationen verewigen und diese dann bei der nächsten Runde verwenden.

BAM! Ist ein klassisches, kurzweiliges Partyspiel für Leute die an schweinischen Satzkonstruktionen ihre Freude haben. Herrlich geeignet um die Stimmung am Anfang einer Party ein bisschen aufzulockern. Aber bitte nicht vergessen: Moralapostel bitte an der Garderobe abgeben.

Andreas Reisenberger

9


Game-Time (Vol.4) : "Wie von Geisterhand"

Megableu: Wie von Geisterhand, für 2-X moderne Flaschendreher

Adams Family meets Wahrheit oder Pflicht




Partytime aber es kommt keine Stimmung auf? Gut wenn man für solche Fälle eine grüne Hand in der Hinterhand hat....

Naja, das Rad haben Sie ja nicht neu erfunden, aber irgendwie hat es trotzdem was. Das „eiskalte Händchen“ der „Adams Family“ scheint ausgebrochen zu sein und übernimmt den Job einer Flache – im wahrsten Sinn des Wortes. Was seinerzeit noch mit einer leeren....hmm....Wasserflasche gemacht wurde, wird mittlerweile „hochtechnisiert“ und familienfreundlich angeboten. Im Prinzip übernimmt eine elektronisch betriebene Geisterhand die Rolle der Flasche beim Flaschendrehen. Sie krabbelt effektheischend am Boden herum und zeigt nach Ablauf einer zufälligen Zeit mit dem Zeigefinger auf einen der Mitspieler. Dann heißt es Wahrheit oder Pflicht. An dieser Stelle kann man getrost erwähnen, dass dieses Spiel wohl eher für Kinder (und einmal jährlich vielleicht für die Halloween-Party) konzipiert ist. Die „Warhheit“-Fragen sind ebenso wie die „Pflicht“-Aufgaben sehr handzahm und familienfreundlich. „Fordere einen Mitspieler zu einem imaginären Fechtkampf heraus“ heißt es da etwa. Oder „Was war der beste Rat den du jemals bekommen hast?“ Dazu kommt, dass die Geisterhand bei Kids natürlich allein schon ihrer Optik und des batteriebetriebenen Herumkrabbelns wegen für Entzücken sorgt. Wer die Hand allerdings auf eine Meute partyhungriger, junger Erwachsener loslassen will, kann sich wohl die Aufgaben-Karten sparen und dafür ein eigenes Regelwerk erfinden. Aber Vorsicht: Sonst führt sich ein Glas nach dem anderen wie von Geisterhand zum Mund.

FAZIT:

Wie von Geisterhand ist ein banaler Wahrheit oder Pflicht-Ableger der aber zumindest ob seiner Optik für Interesse und die eine oder andere lustige Party-Spielerei taugt. Vor allem Kinder finden das quirlige Händchen lustig und haben auch mit den Fragen- und Aufgaben-Karten ihre Freude.

Andreas Reisenberger 6/8*


* Bei Kinderparties

Mittwoch, 19. Juni 2013

Game-Time (Vol. 3) - "La Boca"

Kosmos: La Boca, Inka und Markus Brand, 3-6 Möchtegern-Architekten

Coop-Tetris auf leiwand



Warum heißt ein Spiel, wo's ums Bauen geht „La Boca“ - also „der Mund“? Weil das bunte Stückwerk, das man hier erschaffen soll in der Architektur auf den Stadtteil „La Boca“ in Buenos Aires anspielen soll. Hätten die Jungs da unten in Argentinien allerdings nach Plänen gebaut, die genau so strukturiert sind wie die vorliegende Spielanleitung, würde maximal noch ein bunter Schutthaufen daran erinnern.

Nach dem dritten Mal durchlesen ist man der Meinung, es wäre der perfekte Zeitpunkt um das Spiel in die Ecke zu schmeißen und es nie wieder anzurühren. Und DAS wäre ein fataler Fehler. Denn – vorausgesetzt man übersteht das freie Assoziieren bezüglich der Regeln und derer möglichen Bedeutungen und das brennende Gefühl in „Darstellende Geometrie“ im Gym nicht genug aufgepasst zu haben – ist dieses Spiel eines der besten die ich je gespielt habe.

Die Idee ist simpel. Es spielen immer zwei Spieler zusammen. Sie sehen auf einer Karte den jeweiligen Aufriss der Konstruktion die Sie bauen müssen. Nur sieht diese, da alle vorhandenen Bausteine verarbeitet werden müssen, natürlich von jeder Seite völlig anders aus. Und so gilt es – ohne die Seite des anderen zu sehen – durch schnelles bauen und gute Kommunikation das richtige Ergebnis innerhalb möglichst kurzer Zeit abzuliefern. Denn je flotter desto mehr Punkte regnet es.

Wäre ein Alien auf Aufklärungsmission am Testabend im Wohnzimmer gesessen, er hätte seinem Vorgesetzten wohl von einer Invasion der Erde und ihrer unheimlichen Bewohner abgeraten. Denn keine 15 Minuten nach dem ultimativen Motivationstief zwischen „Ich glaub ich geh' lieber ins Bett“ und „Spiel' ma lieber Munchkin“ wurde mit hochroten Köpfen bereits vor Beginn der Runde penibelst darauf geachtet, die Bausteine so zu legen, dass beide Spieler einen um drei Zehntel-Sekunden optimierten Zugriff darauf haben. Ausgefuchste Kommunikations-Strategien à la: „I siag des Rote zwa Moi....na ned do....in da Mittn!“ wurden entwickelt. Ja selbst das Drücken der Stop-Taste des Timers wurde vorher bereits geprobt um keine entscheidende Sekunde zu verschenken.

Durch die super Idee, dass jeder mit jedem zwei Mal spielt (sofern es mehr als drei Spieler sind) kommt es auch nicht zu einer Grüppchen-Bildung und jeder strengt sich mit jedem Partner voll an die wertvollen Punkte zu ergattern. Dadurch ist natürlich auch der eine oder andere Moment der wonnevollen Schadenfreude vorprogrammiert, wenn man gerade nicht dran ist, die Lösung schon sieht und genüßlich dabei zuschauen kann wie sich die anderen das Hirn zermartern.

„La Boca“ ist abgesehen von der Spielanleitung, ein absolutes Spitzen-Spiel. Selten hat ein Spiel so viel Spaß gemacht und war gleichzeitig so motivierend, dass man trotz Arbeit am nächsten Tag um 1:30 noch ernsthaft über eine weitere Runde diskutiert hat. Die brillante Mischung aus 3D-Tetris und darstellender Geometrie ist allerdings – und das muss in aller Klarheit gesagt werden – definitiv noch nichts für Achtjährige.


Andreas Reisenberger

9-1*

* Abzug für die schlechte Spielanleitung