Dienstag, 17. Mai 2011

Der Tod der Unschuldsvermutung

Kommentar

„Der Strauss-Kahn, so ein Saukerl, das ist typisch. Diese Typen glauben einfach, dass sie sich alles erlauben können“. So beginnt gestern ein kurzes Gespräch zwischen einem Freund  und mir. Auf meine Frage, wie er sich so sicher sein könne, dass Strauss-Kahn schuldig ist antwortet er: „Na bitte schau ihn dir an. Das sieht man dem doch schon an. Und kennst nicht seinen Ruf? Der hat ja die eine Journalistin auch belästigt“. In dem Moment geht mir ein Licht auf: Die Unschuldsvermutung ist tot. Die Medien, sowohl öffentlich-rechtliche als auch private, stürzen sich auf Affären wie diese wie Geier auf ein frisch verendetes Wildtier. Mit recht? Zumindest mit Berechnung. Denn Skandale verkaufen sich eben gut. Dass es, mit Ausnahme einer Aussage der Hotelbediensteten und darauf folgend der Zu-Wort-Meldung einer französischen Journalistin noch keinerlei Beweise gibt hält niemanden davon ab den IWF-Chef zu zeigen, wie er in Handschellen abgeführt wird. Nur zur Klärung: Dies ist keine Pro-Strauss-Kahn-Schrift. Ob er schuldig ist oder nicht haben Gerichte zu entscheiden. Dass die Medien durch Ihre derartige Berichterstattung aber einen Prozess beeinflussen, bevor er überhaupt begonnen hat ist sowohl moralisch bedenklich, als auch rechtlich problematisch. Wenn das so weitergeht, wird wohl in Zukunft die „Schuld-Vermutung“ gelten. Diese medial kreierte Beweislastumkehr ist höchst bedenklich. Denn in einem Rechtsstaat sollte nur schuldig sein, wer von einem ordentlichen Gericht rechtskräftig für schuldig befunden wurde und nicht, wer im Fernsehen in Handschellen abgeführt wird.