Kosmos:
La Boca, Inka und Markus Brand, 3-6 Möchtegern-Architekten
Coop-Tetris auf leiwand
Warum
heißt ein Spiel, wo's ums Bauen geht „La Boca“ - also „der
Mund“? Weil das bunte Stückwerk, das man hier erschaffen soll in
der Architektur auf den Stadtteil „La Boca“ in Buenos Aires
anspielen soll. Hätten die Jungs da unten in Argentinien allerdings
nach Plänen gebaut, die genau so strukturiert sind wie die
vorliegende Spielanleitung, würde maximal noch ein bunter
Schutthaufen daran erinnern.
Nach dem dritten Mal durchlesen ist man
der Meinung, es wäre der perfekte Zeitpunkt um das Spiel in die Ecke
zu schmeißen und es nie wieder anzurühren. Und DAS wäre ein
fataler Fehler. Denn – vorausgesetzt man übersteht das freie
Assoziieren bezüglich der Regeln und derer möglichen Bedeutungen
und das brennende Gefühl in „Darstellende Geometrie“ im Gym
nicht genug aufgepasst zu haben – ist dieses Spiel eines der besten
die ich je gespielt habe.
Die Idee ist simpel. Es spielen immer
zwei Spieler zusammen. Sie sehen auf einer Karte den jeweiligen
Aufriss der Konstruktion die Sie bauen müssen. Nur sieht diese, da
alle vorhandenen Bausteine verarbeitet werden müssen, natürlich von
jeder Seite völlig anders aus. Und so gilt es – ohne die Seite des
anderen zu sehen – durch schnelles bauen und gute Kommunikation das
richtige Ergebnis innerhalb möglichst kurzer Zeit abzuliefern. Denn
je flotter desto mehr Punkte regnet es.
Wäre ein Alien auf Aufklärungsmission
am Testabend im Wohnzimmer gesessen, er hätte seinem Vorgesetzten
wohl von einer Invasion der Erde und ihrer unheimlichen Bewohner
abgeraten. Denn keine 15 Minuten nach dem ultimativen Motivationstief
zwischen „Ich glaub ich geh' lieber ins Bett“ und „Spiel' ma
lieber Munchkin“ wurde mit hochroten Köpfen bereits vor Beginn der
Runde penibelst darauf geachtet, die Bausteine so zu legen, dass
beide Spieler einen um drei Zehntel-Sekunden optimierten Zugriff
darauf haben. Ausgefuchste Kommunikations-Strategien à la: „I siag
des Rote zwa Moi....na ned do....in da Mittn!“ wurden entwickelt.
Ja selbst das Drücken der Stop-Taste des Timers wurde vorher bereits
geprobt um keine entscheidende Sekunde zu verschenken.
Durch die super Idee, dass jeder mit
jedem zwei Mal spielt (sofern es mehr als drei Spieler sind) kommt es
auch nicht zu einer Grüppchen-Bildung und jeder strengt sich mit
jedem Partner voll an die wertvollen Punkte zu ergattern. Dadurch ist
natürlich auch der eine oder andere Moment der wonnevollen
Schadenfreude vorprogrammiert, wenn man gerade nicht dran ist, die
Lösung schon sieht und genüßlich dabei zuschauen kann wie sich die
anderen das Hirn zermartern.
„La Boca“ ist abgesehen von der
Spielanleitung, ein absolutes Spitzen-Spiel. Selten hat ein Spiel so
viel Spaß gemacht und war gleichzeitig so motivierend, dass man
trotz Arbeit am nächsten Tag um 1:30 noch ernsthaft über eine
weitere Runde diskutiert hat. Die brillante Mischung aus 3D-Tetris
und darstellender Geometrie ist allerdings – und das muss in aller
Klarheit gesagt werden – definitiv noch nichts für Achtjährige.
Andreas
Reisenberger
9-1*
9-1*
* Abzug für die schlechte Spielanleitung